Perry Rhodan: Fortsetzung: Phase V

(Autoren: Lothar Rämer (ab Phase V), 
Robert Simon & Gregor Aschenbroich (Phasen I bis IV), 
Verlag: Between the Stars GmbH)

 Nach ca. 5 Jahren Pause wird neuerdings das Perry Rhodan Sammelkartenspiel unter neuer Leitung mit den Karten für die Phase V fortgesetzt. Alle Freunde der seit über 40 Jahren erscheinenden zugehörigen Romanserie können sich darauf freuen, neue Abenteuer nachzuspielen. 

 Zur ursprünglichen ersten Auflage des Sammelkartenspiels ist seinerzeit ein Artikel in der Spielerei Nr. 34 (Januar-März 1997) erschienen. Für alle, die keinen sofortigen Zugriff auf diesen Artikel haben, folgt vor der Besprechung der Phase V zunächst eine kurze Zusammenfassung der Grundmechanismen des Spiels.

 Ein grundsätzlich neues Element im Perry Rhodan Sammelkartenspiel, verglichen mit anderen bekannten Sammelkartenspielen, sind die verschiedenen Kartenvorratsstapel, genannt Materiequellen, von denen ein Spieler neue Karten zieht. Dabei repräsentiert jeder Kartenstapel, einen Handlungsabschnitt in den Romanen. Im Spiel werden die einzelnen Handlungsabschnitte, genannt Phasen, dann der Reihe nach hintereinander durchgespielt. Die Karten sind in eine gute und eine böse Seite aufgeteilt. Jeder Spieler spielt die beiden Seiten gleichzeitig und gleichberechtigt. Er spielt mit seiner guten Seite, genannt Pro-Seite, gegen die bösen Seiten, genannt Anti-Seiten, seiner Mitspieler und umgekehrt. Die Spieler befinden sich immer in einer der o. g. Phasen. Ziel des Spieles ist es, für jede Spielphase als erster die zugehörige in der Spielregel speziell beschriebene Siegbedingung zu erfüllen, den somit möglichen Phasenwechsel auszulösen und dabei möglichst viele Siegpunkte zu bekommen. Wer nach dem Phasenwechsel der letzten Spielphase, die zu spielen vereinbart wurde, die meisten Siegpunkte aufweisen kann, gewinnt.

 Der Spielmechanismus steuert das Ausspielen von Karten durch eine Mischung aus den von Magic, the Gathering her bekannten Ländern, die Energiepunkte für die verschiedenen teueren Karten liefern, und den aus Shadowfist bekannten Ressourcen, die bestimmte ausgespielte Karten liefern und für andere Karten geliefert werden müssen, um diese ausspielen zu können. Beim Perry Rhodan Sammelkartenspiel gibt es daher also die Orte und die auf den Karten aufgedruckten Prämissen. An jedem Ort können sich Personen, Truppen und Raumschiffe befinden sowie allerlei Zubehör. Es bilden sich für jeden Ort drei Kartenstapel, den der Orts-Karten mit ihrem Zubehör, den der Personen und Truppen an diesem Ort mit ihrem Zubehör sowie die an diesem Ort befindlichen Raumschiffe mit ihrem Zubehör. Die Anzahl der für einen Ort ausgespielten Orts-Karten bestimmt außerdem die Anzahl der Personen-, Truppen- und Raumschiff-Karten, die an diesem Ort vorhanden sein dürfen. Auf den Karten wird Bezug auf Fähigkeiten genommen, z. B. Angriffswert von Raumschiffen, die durch die Bereiche A bis E von Zufallszahlen kodiert sind. Die Zufallszahlen werden mit Hilfe von Aktionskarten bestimmt, die im Spiel einen separaten Stapel bilden. 

 Unter den Karten gibt es noch zwei weitere Kartentypen. Da sind zunächst mal die galaktischen Rätsel. Sie repräsentieren Abenteuer, die in einzelnen Handlungsabschnitten der Romane durch die Hauptpersonen erlebt werden und durch die man im Spiel dem Sieg näher kommt. Das Problem beim Ausspielen dieser Rätsel sind die zu erfüllenden Prämissen, die mehr oder weniger schwierig zu erfüllen sind. Schließlich gibt es noch die Ereigniskarten, die man nach Bedarf in den Spielverlauf hineinstreuen kann, um diesen zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen.

 Das Spiel läuft so ab, daß jeder seine Materiequellen für die einzelnen Spielphasen mischt, und dann von der ersten 10 Karten zieht. Danach kommt jeder Spieler beginnend beim Startspieler reihum mit seinem Spielzug dran. Jeder Spielzug gliedert sich in verschiedene Abschnitte. Zunächst werden die durch verschiedene Spielsituationen passiv gewordenen Karten wieder aktiviert. Dies ist ähnlich dem tap und untap bei Magic, the Gathering.

 Im zweiten Abschnitt kann man eine Mission ausführen. Man benennt dazu einen Startort und einen Zielort. Eine Defensivmission führt immer von einem Ort der eigenen Pro- oder Anti-Seite zu einem anderen eigenen Ort derselben Seite. Eine Offensivmission führt immer von einem Ort der eigenen Pro-Seite zu einem Ort einer gegnerischen Anti-Seite oder von einem Ort der eigenen Anti-Seite zu einem Ort einer gegnerischen Pro-Seite. Die Pro- und Anti-Seiten eines Spielers können also, was den Handlungsverlauf im Spiel angeht, nicht in direkte Wechselwirkung miteinander treten. Jede Pro-Seite bildet mit allen gegnerischen Anti-Seiten eine eigene Realität und ebenso jede Anti-Seite mit allen gegnerischen Pro-Seiten. Das Ziel einer Mission muß in der Reichweite aller nicht transportierten Raumschiffe liegen oder sowieso ohne Raumschiffe zu Fuß erreichbar sein.

 Nach dem Missionsabschnitt folgt der Abschnitt Materiequelle. In diesem Abschnitt zieht der Spieler eine Karte von einer der ihm zugänglichen Materiequellen und spielt dann im Abschnitt Ausbau im Rahmen der Spielregeln beliebig viele Karten aus. Schließlich legt er im Abschnitt Abwurf so viele Karten aus seiner Hand auf den Ablagestapel, dass er wieder maximal 10 Karten auf der Hand hat.

 Bei einer Offensivmission kommt es in der Regel zum Kampf. Für einen Kampf nehmen die Spieler alle Karten, die an dem Kampf teilnehmen sollen auf eine separate Kampfhand. Zunächst wird ein Raumkampf durchgeführt. Alle Schiffe des Angreifers, die den Raumkampf unbeschadet überstehen oder sich durch gute Tarnung an den Verteidigern vorbeischleichen konnten und sich nicht zurückzuziehen mussten, können ihre Ladung ausladen und es kommt zum Bodenkampf. Sofern mindestens eine Person oder eine Truppe des Angreifers diesen Kampf übersteht oder sich wiederum an den Verteidigern vorbeischleichen konnte ohne sich zurückzuziehen, kommt es zu einer Reduzierung, d. h. eine am Zielort befindliche Karte wandert auf den Ablagestapel. Alle im Kampf vernichteten Personen, Truppen und Raumschiffe incl. Ladung und Zubehör wandern natürlich ebenfalls auf den Ablagestapel. Der Ausgang der Kämpfe wird mit  Hilfe der o. g. Aktionskarten bestimmt.

 Seit der ersten Auflage hat das Spiel einige Überarbeitungen erfahren, sowohl was die Karten angeht, als auch was die Regeln angeht. Dieser Prozess ist für ein Sammelkartenspiel wie dieses ganz normal und war zu erwarten.

 Ein neues Element ist das Bodenkampflimit. Es begrenzt die Anzahl der gleichzeitig möglichen Kampfpaarungen und sorgt dafür, dass die Bodenkämpfe konsistenter und ausgeglichener ablaufen. Weiterhin wurden einige wenige Karten aus dem Spiel verbannt und andere durch neue Versionen ersetzt.

 Ein wesentliches neues Element in der Phase V ist die Agentenmission in Verbindung mit der zugehörigen Abwehrmission. Um einen Phasenwechsel zur noch in der Entwicklung befindlichen Phase VI auszulösen und die damit verbundenen Siegpunkte zu bekommen, muss man u. a. eine gewisse Anzahl an Sondierungspunkten sammeln und auf einer der beiden Hilfskarten vermerken. Auf der zweiten Hilfskarte wird vermerkt, wie genau die Anti-Seite die Koordinaten des Heimatsonnensystems der Terraner (Sol) bereits kennt.

 Sondierungspunkte bekommt man, indem man Agenten auf gegnerischen Welten absetzt, eventuell auch gegen den Widerstand der gegnerischen Raumabwehr, und mindestens eine Spielrunde lang auf der betroffenen Welt Informationen sammeln lässt. Die gesammelten Informationen müssen dann der eigenen Seite übermittelt werden. Dieses Übermitteln kann entweder dadurch geschehen, dass man den Agenten unbemerkt oder mit Gewalt wieder abholt oder durch einen Funkspruch, den der Agent mit einem Funkgerät sendet, falls er eines mitführt. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, den Agenten gut zu tarnen, da der Gegner nämlich in jeder Runde, in der der Agent auf seiner Welt verweilt, die Gelegenheit hat, eine Abwehrmission durchzuführen. Je länger ein Agent auf einer feindlichen Welt verweilt, desto höher ist für ihn das Risiko, durch Abwehrmissionen enttarnt zur werden. Unentdeckte Agenten werden durch eine spezielle Karte, die sogenannte Tarnkarte, verdeckt. Während einer Abwehrmission enttarnte Agenten werden auf ihre Tarnkarte gelegt. Für den Transport von Agenten zu und von ihren Missionen sind als Transportraumschiff die Space Jets oder sogenannte Gazellen beliebt, da sie klein und schwer zu entdecken sind. Ein kilometergrosses Schlachtschiff ist dafür schon weniger nützlich.

 Eine Abwehrmission führt man durch, indem man den jeweiligen Agenten nach den Regeln für einen normalen Kampf angreift. Bleibt der Agent durch seine gute Tarnung dabei unentdeckt, kann er seine Mission fortsetzen.  Wird er entdeckt, muss er kämpfen und wird danach passiv. Agenten die enttarnt wurden, aber ihren Kampf gewonnen haben, können, wie die noch getarnten Agenten, in folgenden Runden in weiteren Abwehrmissionen erneut angegriffen werden. Die enttarnten Agenten können erst erneut aktiviert werden, wenn sie wieder abgeholt werden konnten, also alle ihre Kämpfe gewonnen haben. In diesem Fall können sie aber keine Sondierungspunkte liefern. Verliert ein Agent einen Kampf, so wird er gefangen und kann verhört werden. Dies kann z. B. durch die Karte Gehirnwäsche geschehen, mit deren Hilfe die Anti-Seite Informationen über die Koordinaten von Sol bekommt, d. h. einen weiteren Minuspunkt auf der zugehörigen Hilfskarte. Gefangene Agenten landen generell auf dem Ablagestapel, der sogenannten Materiesenke.

 Ein neuer Kartentyp in der Phase V sind die Status-Karten, die den Ereigniskarten in ihrer Funktion sehr ähnlich sind, aber nicht durch entsprechende Karten gekontert werden können.

 Neben den Regelergänzungen in Form der Agentenmissionen sind in der Phase V ähnlich wie in der Phase IV ein weiteres wichtiges Element die Abhängigkeiten der Karten untereinander. Es gibt nicht weniger als 18 verschiedene Symbole für die sogenannten Prämissen. Sie sind wie gewohnt auf der Rückseite der Aktionskarten aufgelistet. Bei einigen Karten ist die Prämisse 0. Das bedeutet, zum Spielen dieser Karte sind keine Voraussetzungen zu erfüllen. Damit man überhaupt spielen kann, sind solche Karten natürlich notwendig. Bei den meisten Karten sind aber irgendwelche Voraussetzungen zu erfüllen, in Form von anderen Karten, die bereits vorher ausgespielt worden sind. Dadurch ergeben sich Abhängigkeitsketten, da für die Karten, die die Voraussetzung für bestimmte Karten bilden, wiederum weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind. In den einzelnen Phasen, wie in der Phase V, sind diese Abhängigkeitsketten an die Handlung der Romane angelehnt. Da es mehrere Handlungsstränge in den Romanen gibt, existieren unter den Karten auch mehrere Abhängigkeitsketten. Da auf diese Abhängigkeitsketten in der Spielregel nur allgemein in Form der Erklärung des Mechanismus der Prämissen eingegangen wird, muss man vor der Zusammenstellung des ersten Decks zunächst die Karten genau studieren und die Abhängigkeiten erkennen. Umfangreiche Informationen über das Spiel erhält man auf den zum Spiel gehörigen Internetseiten unter www.prsks.de . Dort gibt es u. a. auch einen Deckvorschlag für Neulinge in der Phase V. Die für Sammelkartenspiele typischen relativ komplizierten Regeln in Verbindung mit den Abhängigkeiten der Karten untereinander ergeben eine erhebliche Komplexität. Dies zu kompensieren wird u. a. auch durch Regelkarten versucht, auf denen verschiedene auf den Spielkarten durch Zahlen und Stichwörter kodierte Fähigkeiten erklärt sind. Man muss so nicht ständig in die Regel schauen.

 Als Spieldauer für eine Partie der Phase V ist deutlich über eine Stunden anzusetzen. Anders als bei vielen anderen Sammelkartenspielen ist es in der Phase V ausgeschlossen, wesentlich schneller zu spielen, da zum Erfüllen der Siegbedingungen die beschriebenen Abhängigkeitsketten in den Prämissen zu beachten sind. Man stellt auch fest, dass mit einem einzelnen Starterdeck eigentlich kaum gespielt werden kann. Man benötigt leider mindestens drei bis vier, um daraus ein Deck zusammenzustellen. Die optimale Spieleranzahl liegt bei zwei bis drei. Es können zwar theoretisch unendlich viele Spieler mitspielen, allerdings steigt die Spieldauer bei mehr als drei Spielern stark an. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass für ein Sammelkartenspiel von den Fans neue Mehrpersonenregeln erdacht werden.

 Insgesamt ist das Perry Rhodan Sammelkartenspiel sowohl für Perry Rhodan Fans als auch für Fans von Sammelkartenspielen sehr interessant und faszinierend. Schöner wäre es, wenn man auch mit einem einzelnen Starterdeck spielen könnte. Vielleicht erscheinen ja mal irgendwann vorkonstruierte Decks zu den einzelnen Phasen. Der Preis für die Faszination, die insbesondere die Phase V hervorruft, ist leider eine erhebliche Komplexität. Die beschriebenen Abhängigkeitsketten in den Prämissen führen aber auch zu vielfältigen taktischen Möglichkeiten. Es wäre wünschenswert, dass das Spiel irgendwie noch transparenter und leichter beherrschbar und überschaubar gestaltet werden würde. Um die Phase V kennen zu lernen, sollte man das auf der Internetseite vorgeschlagene Anfängerdeck nachbauen und mit jemandem spielen, der die Phase V bereits kennt und gespielt hat. (Note 1-; vielen Dank an Helmut Anger für das Korrekturlesen und Kommentieren dieses Artikels)