X-Files

(Autor: Ron Kent & Duncan Macdonell) 
(Verlag: USPC Games)

 Die erfolgreiche Fernsehserie X-Files ist ein weiteres Opfer der Sammelkartenflut. Das zugehörige Sammelkartenspiel ist für 2 und mehr Spieler vorgesehen und nur in Englisch erhältlich. Bei diesem Spiel geht es darum, ein durch 4 Eigenschaften bestimmtes X-File des Gegners durch Ja-Nein-Fragen herauszufinden. Dazu muß man es schaffen, mit seinen FBI-Agenten zu verschiedenen Orten zu gehen um dort jeweils eine weitere Frage stellen zu dürfen. Es gewinnt derjenige, der am schnellsten die nicht in Frage kommenden X-Files aussortiert und sich dabei möglichst nicht durch den Gegner behindern lässt. Der Spielmechanismus und -aufmachung enthalten verglichen mit den bekannten Sammelkartenspielen einige interessante Details.

 Die Regel ist in lobenswerter Weise in zwei Teile geteilt. Es gibt eine Anfänger-Regel zum Kennenlernen und die Fortgeschrittenenregel genannte Hauptspielregel. Der folgende Text bezieht sich auf die Fortgeschrittenenregel.

 Die Karten sind als Collagen gestaltet und unterscheiden sich dadurch von anderen Sammelkartenspielen. Diese enthalten natürlich die üblichen Elemente (Bild, Kartenname, Regeltext etc.) an nahezu den gleichen Stellen. Es gibt 9 verschiedene Kartensorten: X-Akten (x-files), Orte (sites), Gegner (adversaries), Irreführungen (bluffs), Ausrüstung (equipment), Ereignisse (events), Zeugen (witnesses), Kampf (combat) und Agenten (agents). Die 41 verschiedenen X-Akten entsprechen einzelnen Folgen der Fernsehserie und repräsentieren den vom gegnerischen Spieler zu lösenden Fall. Jede X-Akte besitzt 4 Eigenschaften: Herkunft (affiliation), Motiv (motive), Methode (method) und Ergebnis (result). Jede Eigenschaft besitzt eine von 5 möglichen Ausprägungen. Die X-Akte wird jeweils zu Beginn einer Partie von jedem Spieler ausgesucht und geheim gehalten. In jeder Spielrunde können von den Spielern Orte ausgespielt werden, die die Erlaubnis repräsentieren, eine Ja-Nein-Frage über die X-Akte des Gegners zu stellen. Dazu müssen die zu dem Ort geschickten Agenten unter ihren Eigenschaften zusammen genügend viele Punkte in der für den Ort geforderten Eigenschaft aufweisen. Der Gegner hat beim Besuch des Ortes das Ziel, durch das Ausspielen von Irreführungen und Gegnern die Agenten so zu schwächen, daß sie ins Krankenhaus müssen und ihre Eigenschaften in mehr an dem Ort wirken lassen können. Beide Spieler können den Besuch des Ortes durch Kampf-Karten beeinflussen. Die Agenten können zusätzlich durch Ausrüstung und Zeugen unterstützt werden.

 Wie auch bei den Sammelkartenspielen zu Netrunner und Battletech sind Schlüsselworte (keywords) auf den Karten zu finden, die die Bezugnahme in Regeltexten erleichtern. Neu gegenüber anderen bekannten Sammelkartenspielen sind die Aktivatoren (activators). Diese Worte geben an, wann die jeweilige Karte ausgespielt werden kann. Leider sind sowohl die Schlüsselworte als auch die Aktivatoren senkrecht am Kartenrand gedruckt, was für die Handhabung etwas unpraktisch ist, besonders für Neueinsteiger.

 Die Kosten für das Ausspielen von Karten gibt es auch bei X-Files. Sie sind auf den Karten aufgedruckt. Die Punkte zum Ausspielen der Karten bekommt man in erster Linie durch die im Spiel befindlichen Agenten und durch das Ablegen nicht benötigter Karten. Im Unterschied zu anderen bekannten Sammelkartenspielen gibt es zwei Arten von Kartenkosten, getrennt danach, ob man am Zug ist oder nicht. Manche Karten kann man nur dann spielen, wenn man am Zug ist (z. B. Orte), andere auch dann, wenn der Gegner am Zug ist (z. B. Gegner und Kampf-Karten). Entsprechend gibt es zwei Punktekonten zum Bezahlen von Kartenkosten, die getrennt gefüllt und verwaltet werden. Bezüglich der Kartengestaltung sollte man anmerken, daß die Eigenschften auf den X-Akten leider viel zu klein und zu unleserlich gedruck sind. Hier benötigt man schon gute Augen oder eine gute Brille.

 Der Spielbereich vor jedem Spieler wird aufgeteilt in das Büro (bureau), das Arbeitsfeld (field) und das Krankenhaus (hospital). Zu Beginn sucht jeder Spieler aus seinen X-Akten eine zu erratende aus und legt sie verdeckt vor sich ab. Man stellt ein Team aus Agenten zusammen, deren Kosten 20 nicht überschreiten darf, und legt sie zunächst im Büro ab. Jeder Spieler bekommt 7 Karten auf die Hand. Alle anderen bilden den Vorratsstapel. Wird dieser im Verlauf des Spiels verbraucht, so wird der Ablagestapel gemischt und verdeckt als neuer Vorratsstapel verwendet. Die Resource-Kasse (resource pool) für die Kartenkosten während des eigenen Zuges und die Verschwörungs-Kasse (conspiracy pool) für die Kartenkosten während des gegnerischen Zuges werden mit je 5 Punkten gefüllt (man nehme, was gerade da ist, z. B. Würfel).

 Ein zufällig bestimmter Spieler beginnt mit seinem ersten Zug. Ein Zug ist (wie üblich) in Phasen aufgeteilt, die nacheinander abgearbeitet werden. In der Briefingphase (briefing phase) zieht man zunächst eine Karte vom Vorrat. Dann wird die Resource-Kasse mit sovielen Punkten ergänzt, wie auf den eigenen Agenten-Karten angegeben ist. Danach kann der Spieler, der am Zug ist, für einen Resource-Punkt pro Karte weitere Karten vom Vorrat ziehen. Anschließend können die Spieler, die gerade nicht am Zug sind, Karten ablegen, die nur während des eigenen Zuges spielbar sind, und ihre Verschwörungs-Kasse um soviele Punkte ergänzen, wie auf den abgelegten Karten angegeben ist. Für je einen Verschwörungspunkt pro Karte können sie dann ebenfalls Karten vom Vorrat ziehen.

 In der folgenden Heilungsphase, werden für den am Zug befindlichen Spieler bei den Agenten, die sich im Krankenhaus befinden, Schadenspunkte geheilt. Gesunde Agenten können das Krankenhaus in der noch folgenden Ablagephase (deployment phase) verlassen. Nach der Heilungsphase kann der am Zug befindliche Spieler in der Ausrüstungsphase (requisition phase) Ausrüstungsgegenstände auf seine Agenten verteilen bzw. zwischen Agenten am gleichen Ort austauschen. In der Ablagephase (deployment phase) werden nun die Agenten neu auf die drei Bereiche Büro, Arbeitsfeld und Krankenhaus verteilt. Anschließend legt der am Zug befindliche Spieler in der Fallphase (case assignment phase) neue Orte aus und gibt an, gegen welchen Gegner die neuen Orte gerichtet ist (d. h. welcher Gegner für die Schwierigkeiten an diesem Ort zu sorgen hat). Die Gegner können nun Irreführungen verdeckt auf die neuen Orte spielen. Diese Irreführungen werden beim Besuchen des Ortes aufgedeckt und bearbeitet. Man kann jede beliebige Karte als Irreführung spielen. Wird eine Irreführung aufgedeckt und man findet eine andere Karte, wird diese wirkungslos abgelegt.

 Schließlich kommt es zur Untersuchungsphase (investigation phase). Die ausliegenden Orte werden in der Reihenfolge bearbeitet, die der am Zug befindliche Spieler bestimmt. Für den jeweiligen Ort sagt der Spieler an, welche Agenten welche ihrer Eigenschaften für die Untersuchung des Ortes verwenden. Die Irreführungen werden aufgedeckt und bearbeitet. Dann darf jeder Spieler Karten ausspielen. Durch Gegner-Karten kann es dabei zum Kampf kommen. Dieser ist aufgeteilt in Fernkampf (long range combat) und Nahkampf (close range combat). Für den Kampf besitzt jeder Kampfteilnehmer, ob Agent oder Gegner, drei Zahlenwerte: je einen für Fern- und Nahkampf und einen für die Gesundheit (health). Die Kampfwerte geben den Schaden an, der verteilt wird. Ziel muß es sein, die Gesundheit des Kampfpartners auf 0 zu reduzieren. Der Schaden wird von beiden Kampfpartnern gleichzeitig verteilt und jeweils auf die Gesundheit des anderen angerechnet. Zuerst wird der Fernkampf durchgeführt und anschließend der Nahkampf solange wiederholt, bis entweder die Gegnerkarte eleminiert ist, oder alle Agenten im Krankenhaus gelandet sind. Sollten nach den ganzen Schwierigkeiten noch genügend Agenten am jeweiligen Ort sein, um mit ihren Eigenschaften die geforderte Bedingung zu erfüllen, darf die Ja-Nein-Frage gestellt werden.

 Der Zug eines Spielers wird durch die Debriefingphase (debriefing phase) beendet. In dieser Phase dürfen alle Spieler Karten von der Hand auf den Ablagestapel legen. Am Ende der Phase darf jeder maximal 7 Karten auf der Hand haben.

 Das Spiel dürfte bei den Anhängern der Fernsehserie X-Files Begeisterung auslösen. Diese Begeisterung wird jedoch durch den Spielmechanismus etwas getrübt. Mit Starterdecks funktioniert das Spiel zwar, aber es ist leider nur als sehr schlecht zu bezeichnen, da man keine Auswahlmöglichkeiten bei den eigenen Aktionen hat. Um an etwas Spielvergnügen zu gelangen benötigt man schätzungsweise mindestens 10 Booster pro Spieler und etwas Durchblick durch den Spielmechanismus. Dann kann man sich anhand einer Strategie ein Deck zusammmenstellen das mehr Erwartungen weckt, als ein Starterdeck. In diesem Fall wird das Spiel ähnlich strategisch wie das Sammelkartenspiel zu Mittelerde. Insofern unterscheidet es sich also deutlich von Magic, the Gathering. Abgesehen von den bereits genannten Mängeln bei der Kartengestaltung ist die Aufmachung, Strukturierung und Präsentation für den Spieler als sehr gelungen zu bezeichnen. Eine bleibende Hemmschwelle ist evtl. die englische Sprache. Das Spiel besitzt genügend Potential, um einige Anhänger zu finden und weitere Auflagen zu motivieren, in denen dann, wie bei den Sammelkartenspielen üblich, der Spielmechanismus nachgebessert werden kann. Ob das angesichts der erdrückenden Konkurrenz genügt, bleibt abzuwarten.